Am Donnerstag, dem 19.05.2011, nahmen insgesamt 18 Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klassen am Wettbewerb teil.
Sie schlugen sich wacker in den Bereichen Literaturquiz, Rezitation und Verfassen einer Kurzgeschichte.
Siegreich waren:
Gesa Sascherow (Kl. 9/2), die den 1. Platz belegte,
Jule Brandt (Kl. 9/1) auf dem zweiten Platz und
Celin Lassan (Kl. 10/1) auf dem 3. Platz.
Herzlichen Glückwunsch noch einmal an dieser Stelle!
Und hier die beiden Siegergeschichten:
Durchgebrannt
Von Gesa Saschowa (Klasse 9/2)
Das leise, regelmäßige Pochen der Regentropfen gegen mein Fenster weckte mich. Es war so monoton, dass ich mich am liebsten umgedreht und noch ein bisschen tiefer in meine warme Decke gekuschelt hätte.
Noch ein bisschen träumen … von einer Reise um die Welt. Ganz allein. Vielleicht mit meinem Hund, wenn ich einen hätte.
Oder vielleicht von einer großen blumigen Wiese, die wie perfekt zum Reinlegen gemacht ist. Das Summen der Bienen in meinem Ohr. Das warme Sonnenlicht, das mich ganz ruhig macht.
Oder von der Freiheit. Keine Verpflichtungen. Auf einem kleinen Segelboot sitzen, die Füße im Wasser. Dem Gekreische der Möwen zuhören, dem Rauschen der Wellen und dem Wind, der mein Segel so weit aufbläht, dass ein Teil des blauen Himmels plötzlich verdeckt wird und mein Boot an Fahrt gewinnt. Alle Zeit der Welt haben. Es ist egal, wann ich einen Hafen anlaufe oder wann ich aufstehe. Ich habe alle Zeit der Welt. Und ich bin frei.
Da zuckt plötzlich ein Blitz an meinem Fenster vorbei und der Donner grollt. Ich gucke auf meine Uhr: Viertel nach sechs. Zeit aufzustehen und in die Schule zu gehen. Schluss mit Träumerei! Anziehen, frühstücken, zur Schule gehen. Lernen. Lernen, lernen, lernen. Und dem Lehrer zuhören. Dann, nachmittags, Hausaufgaben. Bis ich todmüde ins Bett falle und nur noch schlafen und träumen will. Und dann, genau dann, in dem Moment, in dem ich gerade weit weg bin – irgendwo an einer Küste der Karibik – und meine Ruhe gefunden habe, dann klingelt der Wecker. Ein hässliches Piepen, das immer schneller und hektischer und lauter wird. Es kündigt den nächsten Tag an. Einen Tag, der genau so sein wird wie der gestrige. Und der davor. Und davor und davor. Seit Monaten immer das Gleiche: Ich stehe auf, um mich wieder hinzulegen.
Aber heute nicht. Ab heute sieht mein Leben anders aus, denn ich habe keine Lust mehr auf diese Melancholie. Ich habe Pläne, Träume, und heute ist der Tag, sie in die Tat umzusetzen. Ich möchte durchbrennen. In ein anderes Land, in dem jeden Tag die Sonne scheint und auf jedem Gesicht, in das du schaust, ein strahlendes Lächeln klebt.
Ich gehe zum Fenster und schaue in den strömenden Regen. Wieder ein Blitz. Und Donner. Und plötzlich kann ich sie in mir spüren, die Energie, die ich brauche. Die Abenteuerlust und das Fernweh. Ich gehe zu meinem Radio und drehe die Musik laut, so laut, dass der Boden unter meinen Füßen vibriert und ich automatisch beginne zu tanzen. Und dann fliegen meine Sachen in den großen schwarzen Reisekoffer und ein paar wieder raus, die ich nicht brauche. Die Regenjacke zum Beispiel, denn in meinem Traumland regnet es ja nicht. Und der Wecker, den brauche ich auch nicht. Ich nehme meinen vollen Koffer – so schwer ist er gar nicht – und gehe die Treppe runter. Meine Eltern sind schon längst auf der Arbeit. Sie bekommen einen Abschiedsbrief von mir. Ich werde sie nicht vermissen, sie sind sowieso nie da, weil sie keine Zeit haben.
Ich schreibe: „Mama, Papa, ich bin durchgebrannt. In mein Traumland. Sucht nicht nach mir, eines Tages komme ich wieder. Mit einem strahlenden Lächeln und von Sonne gebräunter Haut. Macht euch keine Sorgen, ich weiß, was ich mache und was ich will. Nämlich Freiheit. Bis bald, eure Friedericke“.
Ich weiß nicht, ob sie verstehen werden, was ich meine. Aber das ist jetzt nicht wichtig. Sollen sie doch ihr kleinkariertes Leben leben. Als ich unsere Haustür öffne, scheint plötzlich die Sonne. Der Regen prasselt zwar noch immer wie verrückt auf das Kopfsteinpflaster, aber an einer Stelle sind die Wolken aufgerissen und ein leuchtender Sonnenstrahl ergießt sich über das Land. Am Himmel bildet sich ein Regenbogen. Sag ich ja, heute ist der perfekte Tag.
Bis zur Autobahn ist es nicht weit. Bis dorthin kann ich laufen. Man hört sie schon von weitem: Autos, die hektisch versuchen, sich gegenseitig zu überholen. Als ich angekommen bin, stelle ich meinen Koffer hin und strecke den Daumen raus. Sieht aus, als würde ich sagen wollen: „Hey, alles super!“
Ich gucke die Straße runter und überlege, ob wohl eine dieser rasenden Blechbüchsen anhalten und mich mitnehmen wird. Ganz weit hinten sehe ich ein Auto, das langsamer fährt als der Rest, fast gemütlich. Es ist himmelblau und klein. Wie ein Käfer oder so. es wechselt die Spur, fährt immer langsamer, wird immer größer und hält vor mir an. Ich gebe mir einen Ruck und öffne die Tür. Mein Herz hüpft vor Aufregung. Ich bücke mich und drin sitzt ein kleiner, brauner Mann. Italiener wahrscheinlich. Er guckt mich an, grinst und fragt: „Wo willst du denn hin?“ Er hat so etwas Offenes, Freundliches, und er riecht nach Urlaub. „In mein Traumland.“, sage ich und lächle. „Na, dann steig mal ein. Bis ans Meer kann ich dich mitnehmen.“ Heute ist wirklich mein Glückstag. Die Autotür schlägt zu, das Auto fährt gemächlich die graue Asphaltbahn entlang, Richtung Freiheit. In mir explodiert etwas. Pures Glück. Mein Herz steht in Flammen und brennt mit mir durch.
Durchgebrannt
Von Celin Lassan (Klasse 10/1)
Es ist kurz vor halb vier, noch bin ich allein und es ist absolute Ruhe, niemand, der schreit, niemand, der meckert. Nur der Fernseher ist zu hören. Da klickt auch schon der Schlüssel in der Haustür. Das war dann wohl die Ruhe vor dem Sturm. „Hallo“, höre ich. „Hi“, antworte ich kurz.
Und schon fängt sie wieder an: „Warum hast du denn nicht abgewaschen, Robert? Das kann doch nicht wahr sein, auch den Müll hast du nicht runtergebracht! Es ist doch immer das Gleiche mit dir; jeden Tag das gleiche Spektakel. Wenn du dich nicht bald änderst, musst du ausziehen, weil länger halte ich das nicht mehr aus!“
So, mir reicht es, ich gehe jetzt in mein Zimmer und leg mich hin. „Wo willst du denn jetzt schon wieder hin? Junge, sprich doch mal mit mir!“
Ich drehe mich um: „Ich glaube auch, dass es das Beste ist, wenn ich so schnell wie möglich ausziehe. Das hält man ja nicht aus mit dir! Immer suchst du die Fehler bei anderen, anstatt mal bei dir selbst anzufangen!“
Das reicht, jetzt gehe ich wirklich. Ich lasse die Tür laut hinter mir ins Schloss fallen und werfe mich auf mein Bett. Jetzt ist wieder alles ruhig, nur ein leises Wimmern und Schniefen ertönt aus der Küche. Das nehme ich noch wahr, bevor ich einschlafe.
Dann plötzlich Schreie, ich öffne die Augen, doch ich sehe kaum etwas vor Qualm. Meine Luftröhre ist wie zugeschnürt, ich kann kaum atmen. Ich springe aus dem Bett und öffne die Tür, will zur Küche. Doch ich kann dort auf keinen Fall durch, alles brennt schon. Im letzten Moment schnappe ich mir mein Handy und klettere aus dem Fenster. Ich informiere sofort die Feuerwehr und versuche, meine Mutter irgendwo zu finden. Doch ich kann sie nirgendwo sehen. Ich ahne mittlerweile schon das Schlimmste: Sie muss noch im brennenden Haus sein!
Nach ungefähr drei Minuten trifft die Feuerwehr ein, sie durchbrechen die Haustür und eilen ins Haus. Es vergeht eine Ewigkeit, bis sie mit meiner Mutter auf den Armen herauskommen. Sie regt sich nicht, sie wird sofort in den Rettungswagen gebracht. Doch niemand gibt mir eine Auskunft. Bis ich einen Arzt anspreche und ihm schildere, wer ich bin. Er will mich sofort behandeln, doch ich möchte erst wissen, wie es meiner Mutter geht. Er schüttelt nur kurz den Kopf und meint, dass es schlecht um sie stehe. Ich kann es kaum glauben, kann mich nicht bewegen.
In diesem Moment laufen ein Feuerwehrmann und ein Polizist vorbei, sie unterhalten sich über die Brandursache: ein durchgebranntes Kabel, welches den Brand ausgelöst hat.
Oh nein, es muss das Kabel sein, für das ich schon seit zwei Wochen einen Elektriker benachrichtigen sollte! Ich fühle, wie mir ganz schlecht wird, denn ich bekomme langsam mit: Wenn meine Mutter stirbt, ist es meine Schuld!
Ich schlage die Augen auf, ich bin völlig nassgeschwitzt. Ich bekomme Panik und springe aus dem Bett, ich öffne die Tür, aber nirgends ist Qualm. Ich laufe ins Wohnzimmer und sehe meine Mutter auf dem Sofa schlafen. Ich beruhige mich ein wenig, denn ich realisiere, dass es nur ein Traum war.
Ich laufe sogleich zum Telefon und rufe bei dem benachbarten Elektriker an. Während ich auf eine Antwort warte, beobachte ich meine Mutter und denke mir, wie schön es doch ist, sie zu haben!
1 thought on “Die Sieger des diesjährigen Literaturuhu stehen fest”
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Erstmal ein großes Lob an die Erstplatzierten und auch an die anderen Teilnehmer des Leseuhus!
Wir haben uns die beiden beeindruckenden Geschichten durchgelesen und dachten nur eines: “WOW!“.
Nur ist es schade, dass die Geschichte von Jule Brandt nicht veröffentlicht wurde, die hätten wir uns auch sehr gerne durchgelesen.
Die beiden Geschichten sind sehr gefühlsvoll geschrieben.
Sicher ist es nicht leicht, mit nur einem vorgegebenen Wort solche realistischen und gut nachvollziehbaren Kurzgeschichten zu schreiben.
Eine kleine Sache noch: Jule Brandt ist in der Klasse 9/1.