Schule als Dienstleister?

Vorbemerkung des Herausgebers: In manchen Kommentaren steckt so viel Arbeit wie in ganzen Artikeln. Um so bedauerlicher ist es, wenn sie dann viel zu schnell aus der rechten Überblicksspalte mit den 10 letzten Kommentaren verschwinden. Deshalb ist es manchmal sinnvoll, aus einem Kommentar einen eigenen Artikel zu machen. Der Autor gab uns freundlicherweise die Genehmigung, seinen ursprünglichen Kommentar als Artikel zu veröffentlichen. Wir sind auf Eure/Ihre Reaktionen gespannt.

Eine Reaktion auf den Artikel „Eltern-Schule zur Mitwirkung am Einstein-Gymnasium“ 
Von Bastian Schulz (Student an der Uni Potsdam)
Gastredakteur der Schülerzeitung InVitrO – Die Schülerzeitung im Schaukasten

————————————————————————————————————————————————
Dieser Artikel lässt mir die Gänsehaut nur so sprießen.
Eltern treffen sich an einem Sonnabend, um über Herausforderungen und Wünsche der an Schule Beteiligten zu sprechen. Als Resultat sind offensichtlich kreative Weiterentwicklungsideen entstanden. Sehr gut! Meine Gänsehaut wird immer stärker je länger ich darüber nachdenke.
Eltern gestalten Schule mit. Eine Idee aus dem Bilderbuch, die hier in die Realität umgesetzt wurde.
Ich kann nur begrüßen, dass solche Veranstaltungen in Schulen stattfinden. Allein die Tatsache, dass sich engagierte Eltern einbringen ist wohl eine bessere Öffentlichkeitsarbeit, als es ein Leistungskurs Informatik jemals sein könnte. 
Solche Veranstaltungen an sich haben schon einen großen Eigenwert. Die beteiligten Eltern fordern ein besseres Lernklima und ich hoffe sie wissen, dass allein dieser Workshop bereits dazu beigetragen hat, denn sie haben gezeigt, dass Schule nur durch engagierte Lehrer_innen, Schüler_innen UND Eltern gelingen kann.
Ich würde mir wünschen, dass solche Veranstaltungen kein Einzelfall am Gymnasium bleiben und sie sowohl in der Schülerzeitung als auch in der lokalen Presse publiziert werden.
Perspektivisch sollte überlegt werden, auch die Schüler_innen und Lehrer_innen in solche Veranstaltungen einzuladen.
Es ist gut, richtig und wichtig, dass zu Beginn die jeweilige Gruppe ihr eigenes Süppchen kocht, denn zu viele Köche verderben ja bekanntlich das Essen. Nichtsdestotrotz würde es den Köchinnen und Köchen ganz gut tun, ab und an in den Austausch zu treten, um das Rezept nach und nach zu verfeinern.
Die Zutat, Schule als Dienstleister zu fordern, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack auf meiner Zunge. Meiner Ansicht nach ist Schule eben genau das nicht. Denn ein Dienstleister kann ein Produkt anbieten, das von Menschen konsumiert wird. Genau das funktioniert in Schule jedoch nicht. So einfach wollen wir es dem Lehrerkollegium doch wohl nicht machen?
Alle anderen Zutaten finde ich ansonsten sehr begrüßenswert oder zumindest interessant, darüber nachzudenken.
Ich schließe mich der Forderung an, dass Schule den Schüler_innen auf dem Weg zur Mündigkeit helfend zur Seite stehen soll. Genau deswegen kann Schule nie Dienstleister sein und wird es (hoffentlich) auch nie werden.
Schule ist KEIN kapitalitisches Unternehmen, in dem das Rohprodukt „Schüler“ in der 1. Klasse an den Anfang eines Produktionsprozesses gestellt wird und dann nach 10, 12 oder 13 Jahren als Endprodukt „mündiger Bürger“ herauskommt.
Welche Gefahren impliziert also die Perspektive, Schule als Unternehmen zu sehen?
1. Schüler sind keine Menschen, sondern Rohstoffe, die veredelt werden müssen.
2. Schüler, die Schwierigkeit beim Lernen haben, sind zu teuer und werden deshalb als Ausschuss aus dem Produktionsprozess geworfen.
3. Mitarbeiter, insbesondere Lehrer_innen müssen funktionieren. Können sie das irgendwann nicht mehr, werden sie ebenfalls entfernt.
4. Die Lehrer_innen bearbeiten ein Produkt und sehen den Schüler nicht als eigenständiges Individuum.
5. Unternehmen müssen rentabel sein. Ab wann ist Schule rentabel?
Diese Liste könnte wohl noch ewig vervollständigt werden. Ich weiß auch, dass diese Sichtweise von der Elternschaft überhaupt nicht bezweckt worden ist. Jedoch möchte ich dafür sensibilisieren, dass Schule so viele andere Aufgaben hat, als ein Unternehmen.     
Sehr erfreulich finde ich die praktischen Ideen, die sofort in die Tat umgesetzt werden können. Eine wirklich tolle Idee ist ein Schullogo. Bitte unbedingt machen!
Vielleicht könnte man das als kleinen Wettbewerb gestalten. Die Klasse, mit der besten Idee bekommt einen Preis. Ich wette, der Schulföderverein macht dafür sehr gern Geld locker.
Ein Musicalbesuch ist für Schüler_innen aus eher ländlichen Regionen oft ein wirkliches Erlebnis.
Ich kann abschließend sagen, dass ich mich freue, dass Eltern ihr Engagement auch außerhalb der oft starren Gremienarbeit zeigen.
In diesem Sinne wünsche ich allen in Zukunft Beteiligten: Freude, Kreativität und offene Ohren für den jeweils anderen.

5 thoughts on “Schule als Dienstleister?

  1. Ich habe mir mal die Mühe gemacht und einige Artikel gelesen, aber ich bin der Meinung, dass sie eindeutig viel zu lang sind. Artikel sollten kurz, präziese und eindeutig sein, weil sie sich sonst niemand durchliest.

  2. Da hat wohl jemand nicht richtig aufgepasst?! 🙂 Schule ist ein Dienstleister, alle öffentlichen Aufgaben werden heute als eine Dienstleistung angesehen! Als Dienstleistung gilt eine von einer natürlichen oder juristischen Person erbrachte Leistung zur Befriedigung eines Bedarfs (des Kunden, etc.). Es ist gerade im Bereich der Bildung wichtig und richtig, sich als Dienstleister zu sehen. Die SchülerInnen haben einen Bedarf, das Erlangen von Wissen, und diesen Bedarf muss die Schule in adäquater Form erbringen. Bei einer Dienstleistung wird zu keinem Zeitpunkt ein Produkt veredelt, und auch Rohstoffe spielen bei Dienstleistungen keine Rolle.
    Es ist richtig und notwendig, wirtschaftliche Prinzipien im öffentlichen Bereich zu implementieren, wie die Kosten- und Kostenleistungsrechnung. Jedoch sollte hierbei nicht die Kostenreduzierung im Vordergrund stehen, sondern die Effizienz der Arbeit. Es ist einleuchtend, warum in vielen öffentlichen Bereichen schon heute das Controlling Einzug gehalten hat. Es geht hierbei sicherlich auch um die Verantwortung der öffentlichen Dienstleister und Ämter Rechenschaft über die verwendeten Gelder der Bürgerinnen und Bürger ablegen zu können.
    Es geht also um die Verbesserung der Prozesse, hier: Bildungsprozesse. Für viele ist es immer leicht nach mehr Geld zu schreien, doch die gleiche Arbeit mit gleichem Geld noch besser leisten zu können gestaltet sich meistens für diese Menschen und Verantwortungsträger als schwierig. In Zeiten knapper Kassen ist auch der zum Teil unterfinanzierte Bildungssektor gefordert, besser mit den vorhandenen Mitteln zu “wirtschaften”. Auch der Bereich Bildung muss sich seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bewusst werden und an sich selbst arbeiten. Öffentliche Aufgaben werden nie eine Gewinnrechnung sein, darum geht es aber auch nicht, sondern um einen effektiven Mitteleinsatz. Und die Frage: wie kann man Schüler erreichen? In Zeiten der digitalen Kommunikation sollte man vielleicht weniger auf papiergebundene Quellen für seine Arbeit zurückgreifen, sondern von sich aus, sich der Aufgabe stellen und Angebote schaffen, die es den SchülerInnen ermöglicht Wissen in digitaler Form zu erhalten und zu verarbeiten und zu festigen. Der gesellschaftliche Wandel macht vor nichts und niemanden „Halt“. Und auch die Schule muss in ihrer Arbeits- und Lehrweise interaktiver werden, nur so kann man die jungen SchülerInnen ansprechen und erreichen. Nur wenn sich Schule als Dienstleister ansieht und als einer arbeitet, kann sie weiterhin das Ziel der Dienstleistung „Bildung“ verfolgen.

  3. @ Felix Reschke
    Ich freue mich Felix, dass du dir die Zeit genommen hast, den Artikel zu lesen. Ich werde mir deine Kritik zu Herzen nehmen und versuchen die nächsten Artikel ein wenig kürzer zu halten.
    Da mich dieses Thema sehr interessiert, fällt es mir sehr schwer das Wesentliche zu nennen.
    Mein Anspruch war es auch, meine Kritik in Form eines Sandwiches zu präsentieren. Sie sollte in der Mitte sein, umrahmt von einem positiven Feedback.
    Friedemann Schulz von Thun, ein sehr bekannter Kommunikationswissenschaftler, beschreibt die 4 Säulen der Verständlichkeit: Kürze, Struktur, Einfachheit und zusätzliche Stimulanz (z.B. sprachliche Bilder).
    Du siehst, dass auch für ihn die „Kürze“ sehr ausschlaggebend ist. Jedoch bestehen neben dieser Säule noch drei weitere. Es ist also stets die Aufgabe des Autors, einen Kompromiss zwischen allen vier Säulen zu finden.

  4. @ Ludwig Schindler.
    Es ist sehr richtig, dass alle öffentlichen Aufgaben mittlerweile als Dienstleister verstanden werden sollen. Diese Sichtweise ist mit dem „New Public Management“ (NPM) bzw. dem „Neuen Steuerungsmodell“ (NSM) aus unseren europäischen Nachbarländern nach Deutschland gekommen.
    Allerdings muss hier eine Unterscheidung getroffen werden, die Ludwig nicht benannt hat. Die Sichtweise „Schule als Dienstleister“ betrifft ausschließlich Verwaltungsfragen der Schule und hat KEINEN Einfluss auf die Gestaltung des Unterrichts. Somit darf ich nach Rücksprache mit dem Ministerium für Jugend, Bildung und Sport dementieren, dass der Schüler als Kunde und die Lehrkraft als Dienstleister angesehen wird.
    Wer sich im erziehungswissenschaftlichen Bereich ein wenig auskennt, der wird der Schule auch nie die Rolle eines Dienstleisters zu schreiben können.
    Ludwig meint, dass die Schülerschaft einen Bedarf nach Wissen hat und die Lehrkräfte eben das Wissen vermitteln sollen. Das ist eine Milchmädchenrechnung, die einen Rechenfehler enthält.
    Erstens: Das Lernen, also das Einspeichern von Wissen ist ein aktiver Prozess, der viel Aufwand und Energie benötigt, die die SchülerInnen investieren müssen. Das heißt also, nur durch den Fakt, dass der Lehrer das Wissen präsentiert, hat der Schüler noch nichts gelernt. Lernen ist also weitestgehend ein selbstständiger Prozess des Schülers, der ihm nicht abgenommen werden kann. Lehrer können nur dabei nur behilflich sein.
    Zweitens: Wenn ich zur Massage gehe, dann nehme ich diese Dienstleistung in Anspruch und bezahle dafür. Ich mache das freiwillig, weil ich es schön finde, Massagen zu bekommen. Gehe ich als Schüler täglich gerne zur Schule und freue mich auf jeden Unterricht? Ich glaube nicht! Warum tut sich der Schüler also diese Dienstleistung an? Das Gegenargument, dass die Lehrkraft dann den Unterricht spannend gestalten soll funktioniert auch nicht immer. Meine Mathelehrerin benutzte meine Kopf als Ebene, nur um mir den Stoff möglichst anschaulich zu erläutern UND trotzdem war ich nie besonders gerne im Matheunterricht und meine Motivation zum Lernen war meist bescheiden.
    Drittens: Dienstleistungen müssen bezahlt werden! Will ich eine große Massage, dann bezahle ich viel Geld, will ich eine kleine Massage, dann bezahle ich wenig Geld. Was heißt das für die Schule? Derjenige, der viel Geld hat, bekommt dann auch viel Bildung und derjenige, der wenig Geld hat, der bekommt dann auch wenig Bildung? Ich glaube, dass es eine Fülle an Studien gibt, die Deutschland jetzt schon ein Armutszeugnis ausstellen, wenn es um Chancengerechtigkeit geht. Dieser Zustand würde durch diese Sichtweise noch weiter verfestigt und ist wohl Gift für unser Solidarsystem.
    Ludwig macht auch darauf aufmerksam, dass es darum geht, Mittel effizient einzusetzen. Es besteht die Aufgabe, mit dem zur Verfügung stehenden Geld, das Optimum zu schaffen. Da kann ich nur zustimmen und ich behaupte auch, dass die brandenburgischen Schulen dies tun. Vergleicht man die Ausgaben für Bildung von Deutschland mit anderen Industrieländern, dann kann man auch zum Schluss kommen, dass Deutschland ein besseres Schwellenland ist. Das heißt, die Forderung nach einem effizienten Umgang mit Geld ist bereits (über-)erfüllt.
    Ansonsten fordert Ludwig mehr Transparenz über die Verwendung der ausgegebenen Mittel. Da kann ich auch nur zustimmen, obwohl eine Schule an sich jetzt nicht so viel Geld zur eigenen Verwendung besitzt.
    Die Vorstellung, Schule (als Aufgabe des Staates) mit den Regeln des Marktes zu konfrontieren ist dermaßen absurd, dass ich mich weiterhin dafür ausspreche, die Schule nicht als Dienstleister zu sehen.

  5. Ach Bastian, danke für deinen Kommentar zu meinem Kommentar! 🙂 Leider enthalten deine Ausführungen auch einige (Denk-)Fehler. 🙂 Schule ist ein Dienstleister und Bildung ist eine Dienstleistung. Ja sicher, für den Schulunterricht zahlt keiner direkt etwas. Und das wird auch nie so sein, es sei denn, jemand besucht eine Privatschule, aber das ist Sache der jeweiligen Individuen.
    Stellt jemand eine Anfrage an das Bundeskanzleramt, dann zahlt er auch nichts dafür, bekommt aber als Dienstleistung eine Antwort! Und ob man Schule nun aus erziehungswissenschaftlicher Sicht als Dienstleister ansieht oder nicht, kann ich aus fachlicher Sicht nicht beurteilen. Jedoch sollte man bedenken, dass es einen Dienstleistungscharakter hat, sicherlich nicht in tradierter Weise, wie man es aus dem privatwirtschaftlichen Bereich kennt, jedoch aber auf eine Dienstleistung ausgerichtet. Würde man nicht effektive Arbeitsweisen erreichen wollen, wäre man sicherlich nicht so schwer mit den Themen Evalution und Revision beschäftigt. Würde man sich nicht so verstehen, würde man an seiner Arbeitsweise nichts verändern, ohne Rücksicht auf Verluste.
    Des Weiteren sträube ich mich davor, Schüler als Kunden zu bezeichnen oder als solche anzusehen. Es hat einen Grund, warum Schüler eine Schulpflicht erfüllen müssen, weil eben diese „Dienstleistung“ Bildung so elementar ist. Es ist von fundamentaler Bedeutung, dass sich Schule als Dienstleister, zwar nicht im klassischen Sinne, sondern in einem neuinterpretierten Sinne versteht, um den Anforderungen des Strukturwandels zu einer Dienstleistungsgesellschaft gerecht zu werden.
    Eine Dienstleistung kann nicht nur aus einer tatsächlichen Tat bestehen, sondern auch aus einer Hilfestellung, wie du sie ja beschrieben hast. Oder als was siehst du dann Lebensberatung, Schuldenberatung, etc. an? Ist das für dich keine Dienstleistung?
    Hier mal ein nettes Zitat:
    „Die neue Schulleiterin sieht ihre Schule als Dienstleistungsunternehmen für Bildung und Erziehung in enger Zusammenarbeit mit den Eltern und setzt auf ein Schulklima, das die Schule zum angenehmen Lebensraum für die Jungen und Mädchen macht. „Die Hilfestellung der Schule für eine erfolgreiche Schullaufbahn und die berufliche Orientierung der Jugendlichen ist uns besonders wichtig.““ Zitat aus: http://tinyurl.com/y8vx9qs (Hinweis: Die eigentliche URL der Seite wurde durch tinyurl verkleinert! Achtung, ich übernehme keine Haftung und Verantwortung für den Inhalt der verlinkten Seite!)
    Frohe Ostern 🙂
    Ludwig

Schreibe einen Kommentar