Bericht von Melanie Petzel (Abiturjahrgang 2014)
Es war kurz vor halb 9, als ich aus dem Flugzeug stieg und das erste Mal einen Blick auf den berühmten Genfer See werfen konnte. Genf- Stadt des „Friedens“, der Kunst, der Kultur und der Parks.
Für Touristen gibt es in Genf viele Attraktionen. Für mich gab es jedoch nur eine, die mich zu der Reise nach Genf bewogen hat: das CERN.
CERN steht für Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire (Europäische Organisation für Kernforschung).
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Als ich Anfang 2013 durch unsere Schule die Möglichkeit bekam, an einem Physikseminar in Berlin teilzunehmen, ahnte ich noch nicht, welche Chancen sich daraus für mich entwickeln würden. Das Seminar trug den Namen „International Masterclass“ und wurde durch das Netzwerk „Teilchenwelt“, das Jugendlichen die Grundlagen der Teilchenphysik vermitteln will, organisiert. Physikstudenten und Professoren gaben uns Einblicke in die Arbeit am CERN und die Funktionsweise eines Teilchenbeschleunigers. Wir lernten sogar, selbst Daten vom CERN (Teilchenspuren) zu analysieren, was vor allem mich sehr begeisterte. Ich konnte nun anhand einer Grafik, die fast ausschließlich aus unzähligen Linien bestand, konkrete physikalische Rückschlüsse ziehen.
Durch mein weiteres Engagement im Netzwerk Teilchenwelt, konnte ich mich für einen Workshop am CERN vom 11.06. bis zum 14.06.14 qualifizieren. Dort besichtigten wir die Experimente und Maschinen aus nächster Nähe und insbesondere auch diejenigen, die für einfache Besucher gar nicht zugänglich sind. Des Weiteren hatten wir die Chance, mit Physikern über ihre Arbeit zu sprechen und lernten durch Vorträge und Fragerunden vieles dazu.
Wir, das waren 30 physikbegeisterte Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland. Unser Zeitplan war straff, zugleich jedoch sehr abwechslungsreich gestaltet.
So besuchten wir zum Beispiel den AD (Antiproton Decelerator), in dem Antimaterie (wie im Film „Illuminati“) erzeugt wird, die man vielleicht irgendwann zur gezielten Zerstörung von Krebstumoren nutzen kann.
Aber auch das Computing Center des CERN, in dem die riesigen Datenmengen aus den unzähligen Teilchenkollisionen ausgewertet werden, konnten wir besichtigen.
Eines der Highlights unseres Workshops war das Hinuntersteigen in den Tunnel des LHC (Large Hadron Collider). Er ist mit 27 km Länge der größte Teilchenbeschleuniger der Welt und befindet sich rund 100 m unter der Erde. Nur dank der Shutdown- Phase des LHC, in der keine Teilchenkollisionen stattfinden, sondern der Beschleuniger gewartet und aufgerüstet wird, war es für uns möglich gewesen, den ATLAS- Detektor des LHC zu besichtigen.
Die Protonen im Ring des Beschleunigers werden gegenläufig, in 2 nebeneinander verlaufenden Röhren, auf nahezu Lichtgeschwindigkeit gebracht. Nur an bestimmten Orten, treffen die gegenläufigen Teilchenstrahlen aufeinander und kollidieren, wie z.B. im ATLAS- Detektor. Bei diesen Kollisionen entstehen neue Teilchen und es werden deren Energie, Richtung und Art gemessen. Durch Auswertung unzähliger Zusammenstöße konnte 2012 das Higgs- Teilchen nachgewiesen werden. Es verursacht eine Art „Hintergrundfeld“, das überall existiert und den Teilchen überhaupt erst ihre Masse verleiht.
Peter Higgs erhielt für seine 1964 veröffentlichte, theoretische Voraussage des Teilchens 2013 den Nobelpreis für Physik.
Ein anderes Experiment, was uns alle sehr faszinierte, war das AMS- Experiment, das sich auf der ISS (Internationale Raumstation) befindet und in enger Zusammenarbeit mit der NASA gefertigt wurde.
Wir besichtigten die „Bodenkontrolle“, die von Nobelpreisträger Samuel Chao Chung Ting geleitet wird.
Neben den zahlreichen Besichtigungen, Experimenten und Fragerunden blieb auch noch Zeit, gemeinsam mit Menschen aus nahezu allen Nationen gespannt die Fußball WM in Brasilien zu verfolgen, was ebenso eine ganz neue, schöne Erfahrung war.
Der Abschied viel uns allen schwer. Das Gebiet der Teilchenphysik verlangte von uns allen, dass Einlassen auf etwas komplett Unvorstellbares. Viele physikalische Tatsachen erschienen mir irreal und manchmal fühlte es sich an, als befände man sich in einem Science Fiction Film. Wahrscheinlich ist es jedoch gerade das, was dieses Thema für mich so unglaublich interessant macht.