Abitur 2014: Die Schülerrede im Kloster

Leider gibt es Artikel, die unveröffentlicht in Vergessenheit geraten. Doch zum Glück nicht für immer. Beim Schwelgen in Erinnerungen fand Laura am ersten Jahrestag dieser Rede gerade noch rechtzeitig vor der nächsten Abifeier diesen unveröffentlichten Artikel.
Text: Miriam Machein und Laura Promehl (Abitur 2014)
Gastredakteurinnen bei InVitrO – Die Schülerzeitung im Schaukasten und im Internet
Fotos: Mit freundlicher Genehmigung der Marktfotografen in Angermünde
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Am Freitag, dem 20. Juni 2014 war es soweit: die Abiturientinnen und Abiturienten erhielten feierlich ihr Abitur. Die feierliche Zeugnisausgabe fand traditionell in der Klosterkirche Angermünde statt. Miriam Machein und Laura Promehl hatten die Ehre, die Dankesworte der Schüler zu formulieren. 

 
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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Eltern und Verwandte, liebe Lehrerinnen und Lehrer, liebe Abiturientinnen und Abiturienten!
Wie das Leben gleicht auch die Schulzeit einem Fluss. Charakterisiert durch eine Quelle und eine Mündung. Das Wasser umfließt die Steine und erweckt den Anschein der Ewigkeit, aber rückblickend verging die Zeit schnell und es war ein Zerrinnen von Momenten. Die Schulzeit macht etwa zwei Drittel unseres bisherigen Lebens aus und ist eine eigene kleine Welt fern vom wirklichen Leben, dennoch formt und prägt sie uns. Die Maxime unserer Moral werden gelegt, wir finden Freunde, die unsere Sozialstruktur dominieren und lernen Lehrer kennen, die uns inspirieren.
Von welchen Lehrern wir auf dem Weg zum Abschluss begleitet werden, ist dabei ein wahres Glücksspiel und wir wollen jetzt lieber nicht die Wahrscheinlichkeit berechnen, mit der man hierbei den Jackpot knackt. Das Glücksspiel fing für uns in der Grundschule an und obwohl heute keiner von ihnen anwesend ist, möchten wir uns mit einer vom Lächeln begleiteten Erinnerung bei unseren Grundschullehrern bedanken. Durch sie haben wir erst die Dinge gelernt, ohne die wir unsere Zeit am Gymnasium gar nicht hätten meistern oder die Abiturprüfungen hätten antreten können:  lesen, schreiben, rechnen. Erst mit diesen Grundkenntnissen konnten wir anfangen, in die Welt der Zahlen einzutauchen und eine fehlerfreie Kurvendiskussion durchzuführen, dies ist wahrscheinlich der einzige mathematische Begriff, der im Schülerhirn hängen geblieben ist.
Aber auch das Interpretieren von Gedichten bereitete den Schülern regelmäßig Freude. Gekonnt wurden aneinandergereihte Phrasen in einem sinnvollen philosophischen Kontext gebracht.
Nur eine Frage wurde von Schülern nie verstanden: Warum ist der Himmel blau? Die Antwort war für uns naheliegend und in jedem Aufsatz fand sich die gleiche Antwort, der Himmel ist blau, weil er blau ist, weil es ist, wie es ist. Mit solch intellektuellen Beiträgen versuchten wir, den Schulalltag fantasievoll zu gestalten und ermunterten unsere Lehrer zu originellen Tätigkeiten, um unser Verlangen, uns neues Wissen anzueignen, zu befriedigen.
Nun danken wir an dieser Stelle den Lehrerinnen und Lehrern, die uns mit Herz, Geduld und Tatendrang in die Eigenheiten der gymnasialen Unterstufe einführten und uns schließlich gekonnt für die Oberstufe und das Abitur vorbereiteten. An dieser Stelle dürfen sich die Lehrer angesprochen fühlen, die sich daran erinnern, herzlich mit uns gelacht zu haben, die sich angesprochen fühlen, obwohl wir sie nicht namentlich erwähnen, und die ein bisschen Wehmut in ihrem Herzen verspüren, weil wir nun gehen.
Wir sind aber nicht nur für die zahlreichen lustigen Unterrichtsstunden und Unternehmungen dankbar. Nein! Auch für die langweiligen. Es ist nämlich schwerer, Schülern etwas beizubringen, die keinerlei Interesse für ein Thema aufbringen können und dennoch bemühten Sie sich stets, uns schwierige, komplexe Sachverhalte näher zu bringen oder uns zu motivieren.
Die Lehrerschaft sollte wissen, dass wir dies schätzten und wir hoffen, dass sie noch vielen weiteren  jungen Menschen helfen, den Anfang des Lebenswegs zu ebnen und ihr Wissen an dieser Schule weitergeben. Für uns ist allerdings die Zeit gekommen, von dieser Bildungseinrichtung Abschied zu nehmen.
Nun verlassen wir die Schule als wahre Organisationstalente, unser zweiter Name könnte Zeitmanagement sein und unsere Arbeit ist geprägt von höchster Produktivität. Das behaupte ich, weil vermutlich jeder, der sein Zeugnis in den Händen hält, weiß, wie man innerhalb einer Nacht eine 15 seitige Belegarbeit schreibt.
Nach 12 Jahren Schule haben wir nun die Chance, diese und andere erlernte Fähigkeiten anzuwenden und mehr vom Leben kennenzulernen, dieses Leben birgt eine unersättliche Vielfalt, das wurde mir zumindest mal gesagt. Mit dem Abitur, das wir heute überreicht bekommen haben, sind wir nun im Besitz einer Eintrittskarte für einen neuen Lebensabschnitt und es heißt „Hallo Welt“.
Wir wissen, dass nicht jeder mit seinem Abitur zufrieden ist, aber die  große Herausforderung besteht darin, jetzt nicht aufzugeben, sondern seinen Weg zu finden.
Für einige war der Inhalt der Schulzeit ein großes Rätsel und sie konnten die Welt nicht verstehen, aber Einstein sagte einst: „Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich nur darin zurechtfinden.“ Ob dies unbedingt leichter ist, muss jeder für sich selbst herausfinden, aber es soll einigen Hoffnung machen.
Wir haben nun die Möglichkeit unsere bevorstehende Zeit etwas freier zu gestalten und unsere Träume zu verwirklichen. Angst und Ungewissheit sind dabei Gefühle, die einigen von uns den Abschied noch schwerer machen, aber die Sehnsucht nach der Fremde überwiegt.
So vielfältig die Persönlichkeiten in unserem Jahrgang sind, so vielseitig und facettenreich wird auch die Gestaltung der Zukunft sein. Einige wird ihr Fernweh in fremde Länder treiben, wo sie sich sozial engagieren und überlegen, wie sie ihre Karriere gestalten, andere freuen sich jetzt schon auf ihre Ausbildung und der Rest, der studieren will, muss noch zittern und abwarten. Aber jeder von uns geht auf eine Reise und dafür wünschen wir jedem viel Erfolg.
Dies bedeutet aber auch, dass sich unsere Wege trennen und jeder von uns nur ein kleiner Fisch im großen Ozean ist. Es werden Zeiten kommen, in denen wir uns treiben lassen können, aber auch Zeiten in denen wir gegen starke Strömungen ankämpfen müssen. Einige Wegbegleiter werden uns in diesen Zeiten weiterhin treu zur Seite stehen auch wenn wir sie nicht immer sehen können, da Städte, Flüsse, Kontinente uns trennen, manche werden uns verlassen, aber auch neue werden hinzukommen.
Aber ich glaube, dass sich einige Wege eines Tages kreuzen werden und dann können wir auf lustige und schöne Momente zurückblicken, sowie auf diesen Tag, an dem wir das langersehnte Abitur überreicht bekommen haben.
Und jetzt glauben wir alles zu wissen und haben dafür unser Reifezeugnis erhalten, wenn wir dereinst erkennen, dass man gar nichts weiß, bekommen wir unser Diplom und wenn wir merken, dass auch alle anderen nichts wissen, wird einem der Doktortitel verliehen.
Ich hoffe, dass dieser junge bunte Haufen eines Tages viele erfolgreiche fleißige Arbeiter, Wissenschaftler, Manager, Mediziner, Künstler und Philosophen hervorbringt.
 
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Und wenn die Eltern glauben, wir hätten sie vergessen, kann ich für Erleichterung sorgen, wir wollten uns nur das Beste für den Schluss aufheben. Die Lehrer mussten uns lange ertragen, aber unsere Eltern und unsere Familie noch viel länger. Sie waren da, um uns zu trösten und um uns aufzubauen, wenn wir am Boden waren, aber sie ermahnten uns auch, wenn wir versuchten unsere Grenzen auszutesten.
Und sie freuten sich über unsere Erfolge, wenn wir eine gute Note nach Hause brachten, einen Wettbewerb gewonnen haben oder über uns selbst hinausgewachsen sind. Für unsere Eltern ist unser Abschied mindestens genauso schwer, denn sie gingen mit uns den ersten Schritt in das Schulleben. Sie setzten uns den Ranzen auf, überreichten uns die Schultüte und nahmen uns an der Hand.
Auf diesem Weg trafen einige ihrer Weisheiten auf Unverständnis, aber im Nachhinein, finden wir daran ein kleines Fünkchen Wahrheit und Sinn. Aber sie gehen mit uns heute nicht den letzten Schritt. Unsere nervige, planlose und hilflose Art bleibt euch erhalten, wir werden euch weiterhin um Hilfe bitten, da wir wissen, dass wir uns immer auf euch verlassen können.
Ihr habt uns dieses Leben geschenkt, das nicht immer einfach ist. Ihr habt es uns möglich gemacht, ein Gymnasium zu besuchen. Wir haben es immer sehr geschätzt, etwas lernen zu dürfen, da es nicht selbstverständlich ist, so eine Möglichkeit in diesem Umfang zu erleben.
Wir haben damit eure Nerven strapaziert und unsere Sorgen haben euch schlaflose Nächte bereitet. Wir danken euch dafür, dass ihr da seid. Wir haben euch lieb.
Wir können keine Weisheiten weitergeben, aber ein großartiger deutsche Dichter, Johann Wolfgang von Goethe, der mich das ein oder andere Mal inspirierte, fand Worte für meine Gedanken. Es ist nicht genug zu wissen – man muss auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen – man muss auch tun und es bleibt einem jeden immer noch so viel Kraft, das auszuführen, wovon er überzeugt ist.
Einen Teil dieser Kraft entnehmen wir aus der Tatsache, dass unsere Familie, unsere Freunde aber auch die Lehrer uns unterstützen und sie für uns da sind, wenn wir sie brauchen. Heute wollten wir unseren Gedanken Ausdruck verleihen, aber es war schwer, die passenden Worte zu finden.  Danke ist ein kleines Wort, das viel geben soll.
Also nochmal ein herzliches Dankeschön an alle Lehrer, an unsere Freunde und Familie, die uns stets eine große Stütze waren.
Wir wünschen allen Anwesenden heute einen angenehmen Tag und den Abiturienten einen unvergesslichen Abend.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.
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