Mangelnder Respekt?

Text und Foto: Maria Michaelys (11. Kl.)
Redakteurin bei InVitrO – Die Schülerzeitung im Schaukasten und im Internet
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Am 12.11. 2015 besteigt der Politikkurs des Jahrgangs 11 den Zug nach Berlin. Diesmal besuchen wir die Hauptstadt nicht um Ausstellungen im Museum oder Affen im Zoo zu betrachten. Wir wollen uns den Bundestag näher ansehen.

Als wir in der Mitte Berlins aussteigen, machen wir uns vom Hauptbahnhof aus auf zum Sitz der Regierung, dessen Kuppel wahrscheinlich eins der markantesten Merkmale der Skyline dieser Stadt ist. Doch bevor wir das eigentliche Gebäude betreten, stellen wir uns vor einem kleinen unscheinbaren Häuschen davor an. Dort werden alle Besucher, die ohnehin nur mit Anmeldung reinkommen, gründlich durchgecheckt. So werden wir zunächst unsere Jacken und Taschen für den Scan los, um dann selbst durch einen Detektor zu treten. Schließlich wird uns eine harmlos wirkende Glasflasche abgenommen. Diese könnte nämlich als Schlagwaffe dienen. Danach werden wir zum Eingang des Bundestages geführt.
 

Kuppel des BUndestages
Kuppel des Bundestages

 
Das von außen anmutig und alt wirkende Gebäude sieht von innen absolut modern aus. Wir werden von immer wieder wechselnden Sicherheitsbeamten hoch zum Plenarsaal geführt, wo wir unsere Sachen erneut abgeben. Im Plenarsaal findet das sogenannte Plenum statt, wo neue Gesetze verabschiedet und Anträge beschlossen werden. Bevor wir dem gerade laufenden Gespräch als stille Zuschauer beiwohnen dürfen, werden wir belehrt, keine Gespräche zu führen, nicht zu klatschen und nichts zu kommentieren.
Für die Politiker, auf die wir schauen, gelten diese Regeln offenbar nicht. Die Plenarsitzung beschäftigt sich mit dem Thema Leiharbeit. Während die Regierungspartei dafür argumentiert, will die Opposition Leiharbeit gänzlich abschaffen. Unterbrechungen, spitzzüngige Bemerkungen und ironisches Kopfnicken sind bei fast allen Anwesenden Gang und Gebe. Und während die eine Partei einheitlich im Anzug auftritt, holen sich Mitglieder von anderen Parteien einen Kaffee oder sind mit ihren Tablets „beschäftig“. Nach einer Stunde werden wir wieder aus dem Plenarsaal geführt ohne wirklich zu wissen, was die Diskussion ergeben hat.
Nach dem wir uns um unsere Sachen gedrängt haben, um diese wieder zubekommen, warten wir nicht lange auf Stefan Zierke, Bundestagsabgeordneter der SPD aus der Uckermark. Herr Zierke führt uns zunächst auf die sogenannte Fraktionsebene des Bundestages. Wir sitzen in dem Raum, in dem sonst die Mitglieder der SPD Entscheidungen über innerparteiliche Angelegenheiten treffen. Eigentlich ist Herr Zierke Tourismusfachwirt und im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur. Jedoch ist er bereit mit uns über Themen zu reden, die uns beschäftigen. So reden wir über den Lehrermangel, das brandenburgische Schulsystem und die aktuelle Problematik mit der Politik im Bereich Asyl. Zwar können wir nicht abschätzen, welche Erfahrungen Herr Zierke mit dem Schulsystem in Brandenburg hat. Welche Ursachen die Probleme haben, kann er uns trotzdem schildern. Laut ihm sind nicht das Turboabi und die zu vollen Rahmenpläne verantwortlich für Stress für LehrerInnen und SchülerInnen. Das Problem scheint der mangelnde Respekt zu sein.
Nach dem Gespräch dürfen wir den Touristen in uns freien Lauf lassen und betreten die Kuppel. Der Kontrast, den wir sehen, wenn wir über das Dach hinweg auf die Stadt gucken, könnte nicht größer sein. Auf der einen Seite befindet sich ein Park mit herbstlich aussehenden Bäumen. Über ihnen hängt leichter Nebel. Auf der anderen Seite blickt man auf ein Häusermeer, in dem vereinzelt Kräne auftauchen, die auf unfertige Stellen hindeuten.
 
Blick vom Dach des Bundestages
Blick vom Dach des Bundestages

 
Unsere letzte Station ist die Cafeteria. Dort ist unser Essen zwar gratis, aber irgendwie enttäuschend. Jedenfalls wenn man bedenkt, in was für einem hoch amtlichen Gebäude wir uns befinden. Unseren Heimweg treten wir am späten Nachmittag an. Zwar sind wir überrascht über einiges von dem Gesehenen und Gehörten aber sehr zufrieden mit den neuen Eindrücken.

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