"Holland ist die geilste Stadt der Welt"

Text: Skadi Pest (Kl. 12)
Foto: Skadi Pest und Maria Michaelys
Redakteurin bei InVitrO – Die Schülerzeitung im Schaukasten und im Internet
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… das behaupten zumindest die 257ers in einem Lied, das mir seit Tagen nicht aus dem Kopf gehen will. Doch was ist dran an dieser sehr wage aufgestellten These? Um dies herauszufinden begab sich auch in diesem  Jahr der 11er Jahrgang unseres Gymnasiums auf Exkursion in das Land von Käse, Kîbbeling und Cannabis: die Niederlande.
Punkt 23:00 Uhr fährt der Bus ab. Vor uns liegt eine Busfahrt voller kurzer, unbequemer Schlafphasen. Die Rucksäcke wie immer gefüllt mit Proviant, den sowieso niemand essen wird. Nach ca. 10 Stunden Fahrt ist dann auch endlich der Enkhuizener Hafen in Sicht. Müde aber glücklich schleppen wir unsere Taschen auf die Schiffe. Dies wird keine ganz normale Schulexkursion, sondern eine Segeltour über das niederländische Ijselmeer. Unser Schiff trägt den Namen „Merdian“ und ist im Vergleich zu den anderen Schiffen zwar eher „rustikal“ eingerichtet, aber dafür sehr geräumig. Die Kajüten hingegen sind nichts für Menschen mit Platzangst.
Diese kleinen Makel halten jedoch unsere Vorfreude auf die Segeltour nicht auf, welche jedoch wegen des sehr „holländischen“ Wetters um einen Tag verschoben werden muss. Stattdessen erkunden wir nach einem Besuch im Enkhuizener Freilichtmuseum die Stadt und machen uns auf die Suche nach Supermärkten und öffentlichen Toiletten, denn der Proviant wird knapp und die Bootstoiletten sind gewöhnungsbedürftig.
 

Malerische holländische Landschaft im Enkhuizener Freilichtmuseum
Malerische holländische Landschaft im Enkhuizener Freilichtmuseum

 
Wieder an Board stellt sich unser Skipper (Kapitän) Reut, der kein alter Seebär sondern ein moderner Mann Mitte 40 ist, vor. Die beiden Maats (Matrosen) sind entgegen unserer Vorstellung Frauen und heißen Ronja und Wietzke. Nach dem Abendbrot lassen wir den Abend, wie es sich für echte Seemänner gehört, mit Kartenspielen ausklingen. Dann fallen wir dank des extremen Schlafmangels früh in unsere Betten.
Nach einer erholsamen Nacht setzen wir am nächsten Tag endlich die Segel der Merdian. Das gestaltet sich komplizierter als man dachte, doch die Arbeit lohnt sich. Das Gefühl auf offener See zu segeln ist überwältigend. In den insgesamt sechs Stunden haben wir mehr als genug Zeit einfach in der Sonne zu liegen und die Seeluft zu genießen, auch wenn dabei der ein oder andere Sonnenbrand entsteht.  Im Bauch des Schiffes kann man kaum geradeaus gehen wegen der Schräglage, die das Schiff bei starkem Wind hat. Trotzdem wagen wir uns aus reinem Hunger hinunter.
 
Unsere "Crew"
Unsere „Crew“

 
Nach etlichen Stunden auf See ist der Edamer Hafen in Sicht. Edam ist eine holländische Stadt wie sie im Buche steht. Typisch holländische Backsteinhäuser, kleine Flüsse mit Brücken und Käseläden soweit das Auge reicht. Wie der Name schon verrät, ist die Stadt vor Allem als Ursprung des Edamer-Käses bekannt. Dieser wird dort 2 x jährlich in Form eines Käsemarktes gefeiert.
 
Einblick in den Käsemarkt
Einblick in den Käsemarkt

 
Wir haben das Glück einen solchen traditionellen Käsemarkt am nächsten Morgen mitzuerleben. Die Veranstaltung platzt vor Touristen aus aller Welt. Sie alle drängen sich um den zentralen Platz, auf dem sich schon einige HolländerInnen in traditioneller Kleidung versammelt haben um den Stolz ihrer Stadt zu präsentieren. Es folgt eine Stunde voller lustigem Käse-Hin- und Herwerfens, Versteigerungen und Verkostungen.
 
Männer in traditioneller Kleidung werfen Käse
Männer in traditioneller Kleidung werfen Käse

 
Sogar ich als bekennender Nicht-Edamer-Fan muss zugeben, dass ich selten besseren Käse probiert habe. Wir probieren uns durch alle Variationen: Käse mit Kräutern oder Kokusnuss, von Kuh und Ziege, grüner Käse und sogar Räucherkäse, der wirklich nach Schinken schmeckt. Mit vollen Taschen und leeren Portemonnaies geht es schließlich wieder zum Schiff. Denn unsere Reise geht weiter.
Dieses Mal Richtung Monnickendamm, das ist eine kleine Stadt vor Amsterdam. Die Schifffahrt, die ursprünglich 4h dauern sollte, verzögert sich leider durch das ewige Warten an der Schleuse sehr. Daher kommen wir etwas verspätet am Monnickendammer Hafen an. Wer will kann sich jetzt sogar noch in den Bus nach Amsterdam setzen. Doch viele entscheiden sich die Gelegenheit zu nutzen und stattdessen einen schönen Abend an Deck zu verbringen.
Am nächsten Morgen werden ausnahmsweise nicht die Segel gesetzt. Stattdessen steigen wir gegen 10:00 Uhr in den Bus nach Amsterdam. Den Ohrwurm „Komm wir fahren nach Amsterdam …“ nicht aus dem Kopf bekommend, genieße ich das freie WLAN im Bus. Nach 3 Tagen ohne Internet ist jeder froh über 15 Minuten Whatsapp und Pokémon Go.  In Amsterdam angekommen fällt sofort die traditionelle Bauweise auf,  die sich auch durch die Großstadt zieht. Statt großer Bürokomplexe und Wohnblöcke prägen dicht aneinandergereihte Backsteinhäuser und schmale Flüsse das Stadtbild. Außerdem sind kaum Autos zu sehen. Stattdessen ist man von einer unzählbaren Menge an Fahrädern und Rollern umgeben.
 
Unser erster Einblick in Amsterdam
Unser erster Einblick in Amsterdam

 
Nach einer kurzen Führung durch die Stadt haben wir die Wahl zwischen einigen Museen. Zur Auswahl stehen unter Anderem das Anne Frank Haus, das Folter-Museum und das Rijks-Museum.  Wie zu erwarten war, entscheiden sich die meisten meiner Mitschüler für das Foltermuseum. Ich beschließe allerdings ins kostenlose Rijks-Museum zu gehen, vor Allem um mir ein Paar echte Van Gogh-Gemälde anzusehen. Leider wirken die vielen alten Gemälde in dem riesigen Kunstmuseum schnell ermüdend, was auch die 3 vorhandenen Van Goghs nicht ändern können. Nach ca. 1,5 Stunden halten wir es dann wirklich nicht mehr im Museum aus und stärken uns „ganz typisch holländisch“ in der erstbesten Pizzeria.
 
Unser zweiter Einblick
Unser zweiter Einblick

 
Spät abends trifft sich der gesamte Jahrgang zum letzten und aufregendsten Teil des Tages: Herr Kühns berüchtigte Abendtour durch Amsterdam.
Pünktlich um 9 Uhr am nächsten Morgen kehren wir nun auch Monnickendamm das Heck zu und begeben uns auf unsere allerletzte Segeltour. Es geht wieder zurück an des Ort des Beginns: Enkhuizen. Vorher liegen jedoch noch 6 Stunden auf offenem Wasser vor uns. Der Wind ist leider nur spärlich vorhanden, weshalb wir kaum vorankommen. Ich nutze ein letztes Mal die Möglichkeit ein Nickerchen an Deck zu halten. Nirgendwo schläft es sich angenehm und unbeschwert, wie auf einem leicht schwankenden Segelboot. Die Ruhe wird jedoch rasch durch ein herannahendes Schiff gestört: die Besatzung des Kühn-Schiffes fordert uns zu einer Schlacht auf offener See heraus. Begleitet von der „Fluch der Karibik“-Titelmusik liefern wir uns eine epische Wasserbombenschlacht, bei der kein Holland-Pulli trocken bleibt.
Kurz bevor wir in Enkhuizen eintreffen, werden ein letztes Mal die Segel heruntergelassen und eingewickelt. Selbst bei dieser mühsamen Arbeit werde ich etwas melancholisch. Doch da nun mal alles ein Ende hat, verabschieden wir uns wenig später von den Maats und unserem Skipper. Etwas traurig, aber in Vorfreude auf Zuhause und vor Allem auf das Deutsche Internet, steigen wir wieder in den Bus der uns zurück in die Uckermark bringen wird. Eine anstrengende und abwechslungsreiche Woche liegt hinter uns, die wir alle nicht so schnell wieder vergessen werden. Denn es ist wahr: Holland ist die geilste Stadt der Welt!

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