„Das Reden ist mein Beruf.“

Mit diesen Worten stellt sich Sylke Pätzel, Sprechwissenschaftlerin und Logopädin an der Universität Greifswald, am Freitagvormittag den beiden Deutsch-Leistungskursen der elften Jahrgangsstufe des Einstein- Gymnasiums vor.
Als Referentin zum Thema „Der Sprach- und Sprecherwerb“ thematisiert sie nicht nur theoretisches Geschehen, sondern hinterlässt durch immer wiederkehrende Bezüge zur Praxis nachhaltig Eindruck auf ihre Zuhörer.

Bereits zu Beginn legt Sylke Pätzel ein enormes Rätsel der Wissenschaft offen: Warum sprechen wir und wie geht der Spracherwerb vonstatten? Egal ob Ansätze des Nativismus, Behaviorismus, Kognitivismus oder Interaktionismus – keiner ist vollständig, nur Zusammenhänge aller können der Antwort näherkommen.
Sicher ist nur, dass die Entwicklung der Sprache ein Reifungs- und Lernprozess ist. Natürlich kann jedoch auch dieser Lernprozess gestört werden – in der heutigen Zeit u.a. prädestiniert dafür ist der exzessive Medienkonsum im Kleinkindalter. Dem Kind fehlt die Ebene der Interaktion, der Kommunikation im Umfeld, um eine uneingeschränkte Entwicklung der Sprache zu genießen.
„Ich brauche Input, Input, Input!“ Die kindliche Sprachentwicklung geht mit einer Art Wortschatzexplosion bereits im Kleinkindalter einher. Doch was passiert, wenn seine Fragen von den Eltern nicht beantwortet sondern ignoriert werden? Das Kind verliert die Lust am Fragen, am Sprechen. Das Wissen bestimmt insofern den Wortschatz. Wortschatz ist Wissen. Sollte das Kind keine Informationen bekommen, geht daraus kein großer Wortschatz hervor – und dieses Defizit ist nach dem
sechsten Lebensjahr
nicht mehr einzuholen. Dieser Zeitpunkt des sechsten Lebensjahres gehört zu einem von vielen Meilensteinen in der Sprachentwicklung. All diese Meilensteine folgen
einer festen Abfolge in einem biologisch vorgegebenen Zeitfenster, erfolgen also
intuitiv.
„Nur durch Sprechen lernt man Sprache.“ Vor allem sollten sich Eltern Gedanken über diese Tatsache machen und sich selbst hinterfragen. Was ist mir wichtiger: Mein Kind oder meine Arbeit, mein Handy, meine Ruhe?
Unabhängig von all den elementaren Bedingungen steht fest, dass die
Entwicklung der Sprache nur mit Kommunikation einhergeht, mit Akzeptanz und Nähe.

Die Sprechwissenschaftlerin schafft es mit ihrem Vortrag, junge Menschen
für ein interessantes Themen- und Berufsfeld zu begeistern. Besonders
hierfür, aber auch für die kurzfristige Bereitschaft und eine unkomplizierte
Organisation, danken wir Sylke Pätzel.

Paula Baumgarten, Einstein-Gymnasium Angermünde

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