Gedenken am 9. November

Der 9. November ist für Deutschland ein ganz besonderer Tag, denn er steht wie kaum ein anderer für ein Datum, das die Geschichte unseres Landes auf so unterschiedliche Weise berührt hat. Vor genau 34 Jahren etwa fiel die Berliner Mauer. Ein Tag der Freude und Hoffnung, der kaum ein Jahr später zur Wiedervereinigung der Bundesrepublik führte. Oder man denke an den 9.11.1918 und die Ausrufung der Deutschen Republik durch Philipp Scheidemann, was das Ende der Monarchie in Deutschland und die Einführung einer vollständigen parlamentarischen Demokratie bedeutete. Ein Tag auf Messers Schneide, der auf dem Höhepunkt der Novemberrevolution den Wunsch nach einem Ende des Krieges zum Ausdruck brachte und gleichzeitig eine Sozialistische Republik nach sowjetischem Vorbild verhinderte.

Wir, die AG „Schule und Rassismus, haben uns jedoch mit einem anderen 9. November genauer beschäftigt, dem 9.11.1938. Ein Tag der Diktatur und Barbarei, der als so genannte „Reichspogromnacht“ in die Geschichte einging. Und wir fragten uns, wie es zu solch einem Exzess antisemitischer Gewalt kommen konnte, was genau an diesem Tag geschah und welche Bedeutung er für unser Gedenken an diese Zeit hat.

Woher kommt Antisemitismus?

Der Begriff entstand 1879. Der Hintergrund des Begriffes war die damals öffentlich diskutierte „Judenfrage“. Die Judenfeindschaft ist eine Erscheinung, die es teilweise schon in der Antike gab, also seit über 2000 Jahren. Schon bereits im 13. und 14. Jahrhundert gab es große Judenverfolgungswellen. Opfer dieser waren die meisten jüdischen Gemeinden im Mittelalter. Die Juden wanderten folglich mehr nach Osteuropa.Sie kehrten erst im 17. Jahrhundert zurück in den mitteleuropäischen Raum. Die geschichtlich größte Judenverfolgung war die Judenverfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus, in der etwa 6 Millionen Jüdinnen und Juden dem Holocaust zum Opfer fielen.

Welches Ausmaß hatte die Gewalt am 9.11.1938?

Bevor die Gewalt in der Nacht vom 9. und 10. November im gesamten Reichsgebiet explodierte, war es bereits am 7. und 8. November zu antijüdischen Gewalttaten in Fulda, Kassel, Bebra und weiteren Städten gekommen. Insgesamt 1.406 Gottes- und Gemeindehäuser wurden in Deutschland zerstört, mehrere Tausend Geschäfte verwüstet. Wie viele Juden bei den Pogromen umkamen, ist unklar. Einschließlich der etwa 300 Suizide schätzt man, dass bis zu 2000 Juden bei den Novemberpogromen ums Leben kamen. Direkt im Anschluss an die Zerstörungen begann am 10. November gegen vier Uhr morgens die befohlene Inhaftierung (sogenannte Schutzhaft) von etwa 30.000 männlichen, meist jüngeren und wohlhabenderen Juden. Diese so genannten Aktionsjuden machten rund ein Zehntel der in Deutschland verbliebenen Juden aus.

Was geschah in Angermünde?

Auch in Angermünde kam es in der Nacht vom 9. auf den 10. November zu antisemitischen Gewalttaten. So wurde die Synagoge im Hinterhof der Klosterstraße 56 in Brand gesteckt und Mitglieder jüdischer Familien inhaftiert. Die jüdische Gemeinde in Angermünde wurde später für aufgelöst erklärt, sämtlicher Besitz der Familien enteignet und verkauft bis schließlich im Frühjahr 1942 alles jüdische Leben mit den Deportationen in die Konzentrationslager aus der Stadt verschwand. Heute erinnern Stolpersteine in der Jäger- und Schwedter Straße an die Schicksale der Familien Gerson und Freundlich, auf besonders erschütternde Weise an das der 1930 geborenen Eva Freundlich, die noch im Jahr ihrer Deportation (1942) als Kind von der SS in einem Außenlager des KZ Majdanek ermordet wurde.

Welche Bedeutung hat der 9.11.1938 für uns heute?

Heutzutage gedenkt man in vielen deutschen Städten mit Gedenkveranstaltungen, also z.B. einer Tagung, einer Rede oder einer Kranzniederlegung. Auch hier in Angermünde wird alle 5 Jahre eine Gedenkveranstaltung organisiert. Auch in diesem Jahr, dem 85. Gedenktag, wird in Angermünde eine Gedenkveranstaltung geplant. Vor dem Rathaus werden die Namen der Ermordeten vorgelesen und an weiteren Gedenkorten werden antijüdische Gesetze vorgetragen. Es ist also ein Stadtrundgang mit Lampions und Kerzen, mit welchen man bei Stolpersteinen, der ehemaligen Synagoge und dem jüdischen Friedhof gedenkt. Auch die Platzierung von Gedenktafeln und Stolpersteinen helfen dabei, dieser Zeit zu gedenken. Wir müssen auch daran gedenken, dass so etwas wie die Reichspogromnacht nie wieder passiert.

Die AG „Schule ohne Rassismus“
Stolperstein von Eva Freundlich in der Schwedter Straße 2 (Foto: Axel Mauruszat)

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