Die Wahrheit über den Knödelsozialismus

Von Kora Palow und Lorenz Vögel (11. Klasse) 
RedakteurInnen der Schülerzeitung InVitrO – Die Schülerzeitung im Schaukasten
Mittwoch, 10. Juni, die Klassenstufe 11 sitzt geschlossen in der Aula des Einstein- Gymnasiums und wartet auf … ja, auf was eigentlich? Es handelt sich um ein Zeitzeugenprojekt unter dem Titel „Wendezeit – Zeitenwende 1989“, wie viele von uns leider erst in der Einführung erfahren. Projektleiter Wolfram Tschiche stellt uns die Zeitzeugen Ulrike Poppe und Jan Sicha vor, die uns leicht erhöht auf Distanz gegenüber sitzen. Sie, eine oppositionelle Bürgerrechtlerin in der DDR, er, einer der Führer der Studentenaufstände 1989 in Prag. Nachdem W. Tschiche die Gesprächsrunde eröffnet  und Frau Poppe uns ausführlich über die geschichtlichen Hintergründe informiert, sollte so etwas wie eine Diskussion beginnen. Auf Fragen aus dem Publikum wartet man jedoch vorerst vergebens, was an mangelnder Information im Vorfeld der Veranstaltung oder der Tatsache, dass es manchmal einfach nichts zu fragen gibt, liegen kann. Im Stil einer typischen Geschichtsstunde verläuft dieser Monolog, worauf krampfhaft Fragen gefordert werden. Ein erster Blick führt zur Uhr. Wider Erwarten wird es doch noch interessant als der Prager Jan Sicha das Studentenleben der 80er Jahre mit dem „Knödelsozialismus“ in Verbindung bringt. Das heißt, dass alle, die gerne „Knödel“ essen, damit glücklich werden können. Über Alternativen wird jedoch gar nicht erst diskutiert, der „Knödel“ muss gemocht werden. Die Jugend wollte Rockmusik, lesbare, natürlich auch verbotene Bücher lesen und im Endeffekt „Hatte die Opposition einfach die schöneren Frauen“.
9561280090233_0_ALB

W. Tschiche, U. Poppe, J. Sicha (v. links n. rechts)           [Foto: W. Rall]

Auch Frau Poppe wird nun privat und schildert ihre Aktivitäten in der Opposition, wo sie für  demokratische Verhältnisse in der DDR kämpfte. Ergreifend sind vor allem ihre Berichte über Bespitzelung und Schikane durch die Stasi, die auch sie selbst darüber grübeln ließen, ob sie besonders ihren Kindern diesen Terror zumuten könne. Durch die Fragen der SchülerInnen wird die aufkeimende Debatte auf eine Grundsatzdiskussion ausgeweitet. Welches Staats- und welches Marktsystem sei zu bevorzugen? Das sind natürlich sehr heikle Fragen, auf die es kaum eine befriedigende Antwort geben kann. Langsam wird offensichtlich, dass sich anscheinend nicht nur eine räumliche, sondern auch mentale Trennung zwischen Zeitzeugen und Schülern findet. Die einen aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen natürlich äußerst systemkritisch, die anderen stark durch Erzählungen der Eltern und Großeltern geprägt und daher zum Teil sehr idealisierend. Die Fragen prasseln jetzt nur so auf die Redner ein. Es scheint jedoch so, als ob sich die Lager nunmehr noch versteifen würden. Typische „DDR-Vorzüge“ werden da der knallharten Revolutionärs-Realität gegenübergestellt. Niemand will wirklich nachgeben, doch die eingeplante Zeit ist schon gefüllt. Für uns bleiben im Nachhinein wahrscheinlich mehr Fragen als zuvor, auf jeden Fall sieht man, welcher enorme Gesprächsbedarf noch zu diesem Thema besteht. Als Fazit wäre somit nur zu sagen, dass die Veranstaltung zwar sehr viel Potential birgt, dies bei uns jedoch durch ein fehlendes Vor- und Nachgespräch teilweise verloren ging.

4 thoughts on “Die Wahrheit über den Knödelsozialismus

  1. Ich habe euren Artikel mit großem Interesse gelesen, hätte aber gerne an einigen Stellen mehr erfahren. Warum gab es anfangs so wenige Fragen und so wenig Interesse? Mir scheint es, dass die turbulente Auseinandersetzung zum Schluss sich eigentlich um die Frage drehte, ob man an seinen romantisierenden Vorstellungen einfach festhält oder die Realität in ihren unterschiedlichsten Facetten wahrnimmt. Wie oft beurteilen wir Dinge mit einem schwarz – weiß Raster, ohne das Mosaik verschiedenster Farben wahrzunehmen? Haben wir nicht sogar eine Verpflichtung, uns einen eigenen Standpunkt zu bilden? Aus erster Hand etwas erzählt bekommen ist eine Schule fürs Leben, es öffnet den Blick und erweitert den Horizont, und so würde ich sagen: wer den Saal verlassen hat mit mehr Fragen als er gekommen ist, hat die Lektion gelernt.
    Ich selbst habe meine Lehrerkarriere vor langer Zeit am Einstein Gymnasium begonnen, ich werde weiterhin eure journalistische Arbeit mit Interesse verfolgen und bin schon auf die nächsten Beiträge gespannt…

  2. Hallo liebe Schülerinnen und Schüler,
    mit großem Interesse habe ich euren Artikel gelesen! Scheint ja eine sehr erfahrungsreiche Veranstaltung mit anfänglichen Startschwierigkeiten gewesen zu sein. Ich finde den Schreibstil sehr gut! Es liest sich sehr flüssig. Eine Absatzformatierung wäre vielleicht hilfreich, jedoch kein Muss! Es ist natürlich eine schwierige Aufgabe über eine solche Veranstaltung zu berichten, jedoch habt ihr es sehr gut gemeistert. Die Darstellung ist nicht zu subjektiv, aber auch nicht ganz objektiv. Das lässt den Leser wissen, welchen Standpunkt ihr habt, ihn jedoch nicht gebetsmühlenartig wiederholt oder suggeriert! Inhaltlich fehlten mir ein paar Beispiele von Fragen die geäußert wurden. Somit hätte der Leser noch mehr Informationen und wäre nicht seinen Gedanken verpflichtet, sondern hätte sie vor sich.
    Ein Tipp, immer versuchen Stile beizubehalten, also nicht den Vornamen des Herrn Tschiche abkürzen und die anderen mal mit Vornamen und Nachnamen nennen und dann wieder mit Frau Poppe oder dergleichen, sondern am Besten immer einen Stil beibehalten, dass verhindert, dass der Leser verwirrt sein könnte!
    Was toll ist, dass der Artikel in sich geschlossen ist. Das Fazit gefällt mir sehr gut!
    Aus meiner Tätigkeit im Bundespresseamt weiß ich, dass Artikel immer zielgruppengerecht formuliert sein sollten, das ist hier wunderbar gelöst worden, da man das Gefühl hat, dass es ein Schüler geschrieben hat!
    Kommentare wären vielleicht auch sehr interessant, sind ja vielleicht aus Rundfunk (Fernsehen und Radio) oder der Zeitung bekannt, dort kann man nämlich unter Erläuterung der Situation seine Meinung äußern! Sowas wäre wirklich sehr interessant, da mich als ehemaliger Schüler des Einstein-Gymnasiums schon noch interessiert, was an meiner alten Schule passiert und vor allem, wie die Schüler dazu stehen.
    Falls ich euch weiterhelfen kann, ihr Fragen zur Arbeit im Bundespresseamt (BPA) habt, oder Hilfe braucht, oder mal eine objektive Meinung braucht, dann versucht über Herrn Rall mit mir Kontakt aufzunehmen. Vielleicht wäre ja auch mal ein Besuch im Bundespresseamt interessant, dort könnt ihr mehr über die Arbeit des BPAs, der Regierungskommunikation und der Verarbeitung und Verbreitung von Informationen erfahren! Auch zur Kontaktpflege zur Jugendpresse.
    Bis dahin empfehle ich euch, nicht ganz ohne Eigennutz folgende Adressen:
    http://www.bundespresseamt.de
    http://www.bundesregierung.de
    http://www.schekker.de
    http://www.regierenkapieren.de
    Mit kollegialem Gruß
    Ludwig Schindler
    PS: Die Bundeskanzlerin schreibt auch Grußworte für Abi-Zeitungen 🙂

  3. Liebe Kommentatoren,
    vielen Dank für das Feedback. Die Sicht von Außenstehenden ist viel Wert und zeigt uns, was wir beim nächsten Mal besser machen können. Der nächste Artikel kommt bestimmt. 🙂
    Mit Nutzung der Website eröffnen sich neue Wege für unsere Schülerzeitung. So können wir zum Beispiel auch ehemalige Schüler über Aktuelles im Einstein-Gymnasium informieren.

  4. Hallo Schüler ,
    ihr müßt euch mit der Geschichte eurer Stadt außereinandersetzen, 20.Jh.! Besonders mit der Geschichte des Gymnasiums/Oberschule .
    NS-, Stalin-, Demokratie-Zeit, so kommt ihr auch zu mehr Verständnis zur Uckermark u. U.
    Stil ist weniger wichtig — Inhalt ………
    Gruß
    Herbert Pöppel

Schreibe einen Kommentar