Die Neue meines Vaters

Text: Tim Schulz (Kl. 8/3)
Gastredakteur bei InVitrO – Die Schülerzeitung im Schaukasten und im Internet
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Einige Schüler haben im Rahmen der Projektwoche 2016 im Projekt “Gemeinsames Fotografieren & Schreiben” Geschichten geschrieben. In diese mussten sie 15 verschiedene Substantive einbauen, die sie sich hauptsächlich selbst auswählten: Tatort, Sonne, Keks, Juniziege, Kackstuhl, Gemälde, Video, Parship, Tubeclash, Zensur, Terrakottafliesentisch, Fixer, Tesafilm, Minecraft und Waffenschein. Drei dieser Geschichten wollten wir der Öffentlichkeit nicht vorenthalten.

Es klingelt an der Tür, der Terrakottafliesentisch wird geliefert. Die Neue, die mein Vater über Parship kennengelernt hat, hat geerbt. Die letzten Tage kamen schon eingestaubte Gemälde, alte Krüge und anderer Mist an. Nichts mehr mit modernem Haushalt.

Die Sonne scheint, aber warum rausgehen? Die neue Tubeclashfolge ist schließlich online. Nur bleibt es nie bei Tubeclash, schaue bestimmt noch zehn weitere Videos. Ist halt schon wie eine Sucht. Kann man YouTube mit einem Fixer gleichsetzen? Ja, denke. Ist mittlerweile auch schon dunkel, wurde auf eine Runde Minecraft eingeladen. Stehe gerade in der Küche, um mir die restlichen  Kekse zu holen. Doch da ist was. Auf dem Tisch sind rote Flecken, fuck, sieht aus wie Blut. Die Lust nach Keksen ist mir vergangen, eindeutig.

Ich fahre den PC herunter und wechsle zum Musik hören, doch dieser Gedanke geht mir nicht aus dem Kopf. Wurde jemand ermordet? Ist dieses alte Anwesen, was die Neue geerbt hat, ein Tatort? Zufälligerweise klebt unter der Tischplatte ein mit Tesafilm befestigter Waffenschein.

Ich wollte gerade meinen Vater anrufen, doch er steht in der Tür, kam aufgebraust vom Elterngespräch. Habe ihm eine schlechte Zensur verheimlicht. So, wie ich ihn kenne, komme ich heute Abend nicht mehr auf das Thema zu sprechen.

Etwas später haut mein Vater raus, dass seine Neue im Krankenhaus liegt. „Sie hing die ganze Nacht über dem Kackstuhl!“, meinte er mit dieser üblichen rauen Umgangssprache. Ich mach mir ja sonst nicht großartig Sorgen, aber nach dem, was da an Zufällen zusammenkommt, habe ich wieder eine schlaflose Nacht vor mir. Hab dann wohl Zeit, an der Fan-Fiction, in der es um die Juniziege geht, weiterzuschreiben. Nein, ich bin nicht geistesgestört. Ja, Juniziege.

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